Was es ist
Das Holotrope Atmen ist eine von Stan und Christina Grof (USA) entwickelte Methode, die mittels verstärkter Atmung und einer auf den Gruppenprozess abgestimmten Musik Zugang zu veränderten (besser: erweiterten) Bewusstseinszuständen ermöglicht. Es vereinigt alte fernöstliche Techniken (verstärkte Tiefenatmung ist z.B. aus der Yoga-Tradition bekannt) mit den Erkenntnissen der westlichen Bewusstseinsforschung zu einer kraftvollen und wirksamen psychotherapeutischen Methode. Seit Tausenden von Jahren nutzten und nutzen Heiler und Schamanen in nahezu allen Kulturen der Erde das heilende Potential erweiterter Bewusstseinszustände. "Holotrop" kommt aus dem Griechischen und bedeutet, "sich in Richtung auf Ganzheit hinbewegend" („holos“ = ganz, trepein = sich hin bewegend auf).
Für wen es geeignet ist
Allgemein für Menschen zur Selbsterfahrung, für Suchende in Lebensphasen der Neuorientierung, für Professionelle in therapeutischen Berufen zur Erweiterung der therapeutischen Kompetenz, für Menschen in Krisenzeiten, und, was sehr hilfreich ist, auch als Ergänzung im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung.
Was kann ich erfahren
Die Erlebnisse im Holotropen Atmen sind individuell ganz unterschiedlich. Sie können mit unserer eigenen biographischen Geschichte und/oder aktuellen Lebenssituation zu tun haben, oder mit der Zeit unserer Geburt und unserer Schwangerschaft zusammenhängen. Oder sie können manchmal sogar jenseits dessen liegen. Stan Grof nennt dies die "transpersonalen" Bereiche unserer Seele. Transpersonal meint jenseits der "normalen" räumlichen und zeitlichen Begrenzung unserer Person und bezieht spirituelle Erfahrungen mit ein. Aus dieser erweiterten Perspektive heraus entsteht oft eine größere Klarheit meiner Schwierigkeiten und meiner Lebenssituation. Neue, manchmal überraschende Lösungen werden möglich. Wir kommen in Kontakt mit unserer inneren Weisheit, dem eigenen inneren Heiler, der die Erfahrung bestimmt, die für uns in unserer derzeitigen Lebenssituation am meisten förderlich ist.
In erweiterten Bewusstseinszuständen haben wir Zugang zu tieferen Schichten unserer Persönlichkeit, die normalerweise dem Alltagsbewusstsein nicht zugänglich sind. Alte, uns heute noch blockierende Verletzungen/Traumata/Lebensmuster sind in ihrer Ganzheit auf allen Ebenen unseres Seins (körperlich, emotional, mental, seelisch, spirituell) erlebbar, kommen in Fluss und können heilen. In der Begegnung mit bisher unbewußten oder nicht gelebten Seiten unserer Persönlichkeit (unsere sog. Schatten, die manchmal auch als "Wahnsinn" empfunden werden) wird blockierte Lebensenergie frei und für unser Leben verfügbar. Wir begegnen unserer eigenen Wahrheit, alte Wunden können heilen, häufig können sich auch damit zusammenhängende körperliche Beschwerden oder Krankheiten auflösen.
Alles ist Teil von mir und durch dieses Annehmen kann allmählich ein Gefühl innerer Ganzheit wachsen. Unser kreatives Potential, unser wahres inneres Selbst wird fühlbarer und sichtbarer und eröffnet uns fundamental neue Möglichkeiten im Alltag. Veränderte Bewusstseinszustände können uns auch in eine Begegnung mit dem Thema Tod und Wiedergeburt führen, eine den Menschen tief herausfordernde Begegnung mit großem Transformations- und Heilungspotential. Gelegentlich geschieht dies im Zusammenhang mit dem (Wieder-) Erleben des eigenen Geburtsprozesses, den sog. perinatalen, d.h. um die Geburt herum positionierten Erfahrungen. Diese perinatalen Erfahrungen ermöglichen es, dass Altes in uns und in unserem Leben „sterben“, d.h. losgelassen werden und Neues wachsen kann.
Ein tieferes Verstehen wächst
Durch die kontinuierliche Arbeit mit erweiterten Bewusstseinszuständen wächst allmählich die Verbundenheit und das Mitgefühl mit mir selbst und der Welt, in der ich lebe. Immer häufiger kann ich "ja" zu mir und meinem Leben sagen, eine Zufriedenheit mit mir und in mir kann wachsen.
Wie ich arbeite
Ich lege viel Wert auf einen geschützten und sicheren Raum. Dann entsteht Vertrauen, durch das sich die inneren Erfahrungen entfalten können. Der Erfahrungsprozess wird von mir (bzw. der/dem Co-LeiterIn) unterstützt und für den Alltag nutzbar gemacht durch Körperarbeit (falls notwendig), durch Mandala-Malen und ein „Sharing“, d.h. Mitteilen der Erfahrungen im Kreis der Teilnehmer.
Wie läuft ein Seminar Holotropes Atmen ab
Das Holotrope Atmen findet in der Gruppe statt. Immer zwei TeilnehmerInnen gehen zusammen, jede/r TeilnehmerIn hat die Gelegenheit, einmal zu Atmen, dabei begleitet von seiner/m PartnerIn. Bei der nächsten Atemsitzung wird getauscht. Eine kurze Entspannungsübung vor dem Atemprozess hilft, den Alltag, Gedanken etc. loszulassen. Ein Atemprozess dauert 3-5h.
Durch verstärkte und vertiefte Atmung wird ein Zugang zu einem erweiterten Bewusstseinszustand ermöglicht. In erweiterten Bewusstseinszuständen wird die uns normalerweise im Alltag dominierende (und uns allzu oft bei der Lösung von Problemen im Wege stehende) Ebene unseres rationalen Verstandes zurückgenommen. Tiefer liegende Schichten unseres Bewusstseins (z.B. die intuitive Seite in uns) werden aktiviert. Eine intensive innere Erfahrung auf der emotionalen Ebene und der Körperebene wird so ermöglicht. Darin liegt enormes Heilungspotential. Die Neurowissenschaft (sog. Hirnforschung) bestätigt mit ihren Erkenntnissen in den letzten Jahren zunehmend die wesentliche Rolle von Gefühl und Körper als Schlüssel zu einer umfassenderen Heilung.
Hilfreich ist eine neugierig-offene innere Haltung für alles, was sich zeigt an inneren Bildern, tieferen Einsichten, Gefühlen, Körperempfindungen, Bewegungsimpulsen, Töne usw.. Manches kann erst nach weiteren Atemsitzungen verstanden bzw. in tieferem Sinne eingeordnet werden.
Etwaig auftretende körperliche (Ver-)Spannungen können während oder nach der Atemsitzung mit Körperarbeit gelöst werden. Das Ausdrücken der gemachten inneren Erfahrung in einem frei gestalteten Bild (oder auch in Form eines sog. Mandala) und Mitteilen der Erfahrung im Kreis der TeilnehmerInnen dient der Integration der Erfahrung, d.h. es wird für den Alltag nutzbar gemacht.
Wann ist das Holotrope Atmen nicht geeignet
Die Arbeit braucht eine durchschnittliche körperliche und psychische Belastbarkeit und ist nicht geeignet bei Schwangerschaft, schweren Herz-Kreislauferkrankungen, bestimmten Formen der Epilepsie, nach kürzlich erfolgten größeren Operationen, bei schwerem Asthma bronchiale, bei bestimmten Kehlkopferkrankungen mit plötzlicher Verkrampfung der Stimmbänder (Laryngospasmus) und bei grünem Star (Glaukom) mit akuten Glaukomanfällen. Bei bestimmten psychiatrischen Diagnosen bzw. psychoseartigen Zuständen ist das Holotrope Atmen ebenfalls nicht möglich; dies liegt weniger an der Methode selbst, als an der zeitlich begrenzten Betreuungsmöglichkeit (Wochenendseminar). Bei Fragen oder Unklarheiten bitte jeweils Rücksprache mit mir, ich gebe gerne Auskunft.
Die Teilnahme erfolgt in eigener Verantwortung.
Literatur
Es gibt eine Reihe von Büchern zum Thema Holotropes Atmen. Empfehlenswert zum Einstieg ist der Klassiker „Das Abenteuer der Selbstentdeckung“, Dr. Stan Grof, Rowohlt-Verlag.
Psychotherapeutisch Interessierten sei „Holotropes Atmen – Psychotherapie und Spiritualität“, Dr. Ingo B. Jahrsetz, Verlag pfeiffer bei Klett-Cotta sowie „Dimensionen der menschlichen Seele – Transpersonale Psychologie und Holotropes Atmen“, Dr. Sylvester Walch, Walter Verlag empfohlen.
Ansonsten, etwas allgemeiner zur Arbeit mit und Theorie von Veränderten / erweiterten Bewusstseinszuständen:
„Psychologie der Zukunft“ („Psychology of the future“) sowie die weiteren Bücher von Stan Grof (z.B. „Topographie des Unbewussten“, Dr. Stan Grof, Klett-Cotta)
„Spirituelle Krisen – Chancen der Selbstfindung“, Stan und Christina Grof, Kösel-Verlag (zum Thema Krisen)
„Sehnsucht nach Ganzheit“, Christina Grof, Kösel Verlag (zum Thema Sucht)